Satire in der Zeit Aufklärung und Romantik
Im Zeitalter der Aufklärung florierte die Satire als didaktisches Mittel, mit der die philosophischen und pädagogischen Ziele der Aufklärung befördert werden sollten. Die Kritik der Mächtigen blieb jedoch lange Zeit ausgespart; sicher vor allem aus Furcht vor Zensur. Die Satiren Gottlieb Wilhelm Rabeners etwa blieben „menschenfreundliche“ Kritik von Verstößen gegen guten Geschmack und Sittlichkeit.
Zugleich entfaltete sich das literaturtheoretische Interesse an der Satire. Johann Georg Sulzer etwa definierte die Satire nicht mehr über die Form, sondern über den Inhalt. Von ihr wird verlangt, dass sie Themen von sozialer Relevanz behandle, nämlich „jede im Verstand, Geschmack oder dem sittlichen Gefühl herrschende Unordnung“; damit gehört sie zu den wertvollen Mitteln, die der moralischen Besserung des Menschen dienen: „Der Endzweck der Satire ist dem Übel, das sie zum Inhalt gewählt hat, zu steuern, es zu verbannen, oder wenigstens sich dem weiteren Einreißen desselben zu widersetzen und die Menschen davon abzuschrecken.“ (Allgemeine Theorie der schönen Künste, 1771).
Gerade die Satire der Spätaufklärung übte aber auch scharfe Kritik an den Idealvorstellungen der Aufklärung. In Johann Karl Wezels satirischem Roman Belphegorist es die Vorstellung, das Geschehen in der Welt folge einem rationalen Plan, die in aller Deutlichkeit widerlegt wird. Erfolg haben in Deutschland nun auch die Satiren von Jonathan Swift, die frühaufklärerische Ideale kritisieren: So persifliert A Modest Proposal(1729) die Vorstellung, rationale Überlegungen könnten der Linderung menschlicher Not dienen; in Gulliver’s Travels (1726) bereist der Held einige Inseln, die Parodien auf gelehrte Theorien der Zeit darstellen.
Zu den namhaftesten Satirikern der Spätaufklärung zählen Georg Christoph Lichtenberg, der den kurzen, geschliffenen Aphorismus populär machte, und Jean Paul, dessen gesamtes Werk eine Neigung zur Satire zeigt. In England blühte die Satire noch mehr als in Deutschland; ebenso in Frankreich bei den namhaftesten Aufklärern, etwa Montesquieu (Persische Briefe, 1721), Voltaire (Candide, 1759) und Denis Diderot(Rameaus Neffe, 1761–1776). Auch Schillers und Goethes Xenien (1797) kann man zu den satirischen Schriften zählen; ihre spitzen Epigramme zielten vor allem auf ihre Dichterkollegen und unmittelbaren publizistischen Gegner.
Schiller war es auch, der die Satire in der Wertschätzung an den Rand der Dichtkunst rückte: „Streng genommen verträgt (…) der Zweck des Dichters weder den Ton der Strafe, noch den der Belustigung.“ (Über naive und sentimentalische Dichtung: Satirische Dichtung. 1795) Unter bestimmten Bedingungen könne satirische Dichtung dennoch gelten; abhängig jedoch von der moralischen Integrität ihrer Autoren: die „pathetische Satire“ müsse „aus einem glühenden Triebe für das Ideal hervorfließen“; die „lachende Satire“ könne nur einer „schönen Seele“ entspringen. In mittelmäßigen Händen würde die Satire zum Spott werden und ihre „poetische Würde“ verlieren – und demzufolge aus der „hohen Literatur“ ausgeschlossen werden.
Zu den Literatursatiren der Romantik zählen Ludwig Tiecks Stücke Der gestiefelte Kater (1797), der „gleichsam auf dem Dache der dramatischen Kunst herumspaziert“ (Friedrich Schlegel) und Die Verkehrte Welt (1798), das „Schauspiel eines Schauspiels“ (August Wilhelm Schlegel). Schlegels Konzepte der romantischen Ironie und der TranszendentaleUniversalpoesie, die sich ironisch immer wieder selbst den Boden unter den Füßen wegzieht, kann im weitesten Sinne selbst zu den satirischen Schreibverfahren gezählt werden. Es ist jedoch zu beobachten, dass sich Theorie und literarische Praxis der Satire in der Romantik trennen – ihre produktivsten Theoretiker wie die Gebrüder Schlegel sind selbst literarisch wenig aktiv.
In Philistersatiren wurden der brave Spießbürger und dessen geistige Vertreter („Philister“) veräppelt. Bei Clemens Brentano und Joseph Görres, aber auch bei Joseph von Eichendorff finden sich Texte dieses Genres. Später auch Spießbürgersatire genannt, hat diese Form praktisch bis heute Bestand.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Satire