Das Lachen
Lachen ist eines der wichtigsten angeborenen emotionalen Ausdrucksverhalten des Menschen, das nicht nur, aber vor allem in der Gemeinschaft mit Mitmenschen seine Wirkung entfaltet. Lachen ist
- die natürliche Reaktion eines gesunden Menschen auf komische oder erheiternde Situationen,
- erscheint aber auch als Entlastungsreaktion nach überwundenen Gefahren oder
- zur Abwendung drohender sozialer Konflikte
- sowie als Abwehrmechanismus gegen spontane Angstzustände.
- dienlich zur Festigung sozialer Beziehungen
Der Wissenschaftszweig, der sich mit dem Lachen beschäftigt, ist die Gelotologie(von altgriechisch γέλως gélōs, deutsch ‚Lachen‘). Auch Primaten wie Schimpansen, Bonobos und Orang-Utans besitzen die Fähigkeit des Lachens.[1] Im menschlichen Miteinander wird das Lachen als Ausdruck für Sympathie und gegenseitiges Einverständnis verstanden und entfaltet dadurch eine besänftigende, konfliktbegrenzende Wirkung, die dem Zusammenleben in Gruppen förderlich ist. Unbewiesen, aber nicht unwahrscheinlich ist die Einschätzung mancher Forscher, das Lachen sei eine der grundlegenden Kommunikationsformen des Menschen, das menschheitsgeschichtlich der Entwicklung von Sprache deutlich vorausgehe. Als Beleg hierfür dient der Umstand, dass das Lachen in einer Gehirnregion ausgelöst und gesteuert wird, die deutlich älter ist als das Sprachzentrum. Ursprünglich war das Lachen eine Drohgebärde; entstanden ist es aus dem Zähnefletschen. Es zeigte und zeigt immer noch, dass jemand ein gesundes Gebiss hat, demonstriert also Kraft. Innerhalb einer Gruppe aber hatte und hat es etwas Verbindendes: Sich untereinander die Zähne zu zeigen heißt, Teil einer starken Gemeinschaft und ein gleichberechtigter Partner innerhalb der Gruppe zu sein.[2] Meist ist Lachen fröhlich. Lachen kann auch bei eigentlich bösartigen Situationen auftreten (sarkastisches Lachen). Eine Art fröhlichen oder sarkastischen lauten Lachens, meist in Gesellschaft, ist das Gelächter.
Lachen als Reflex
Das Lachen ist gewöhnlich ein unwillkürlicher Akt, bei dem ein durch die Empfindungsnerven dem Gehirn überlieferter Reiz dadurch ausgeglichen wird, dass er auf die Nervenursprünge der beim Lachen in Kontraktion versetzten Muskeln übertragen wird. Demnach ist das Lachen eine sogenannte Reflexbewegung und hat damit – wie auch andere Reflexbewegungen – die Eigentümlichkeit, dass sie am vollkommensten stattfindet, wenn unsere Aufmerksamkeit von unserem Körper abgewendet ist. Das Lachen kann aber durch Selbstbeherrschung bis zu einem gewissen Grad zurückgehalten werden.
Das Lachen wird aber auch durch gewisse Gefühlseindrücke (wie beispielsweise beim Kitzeln) hervorgerufen und dient gewissermaßen als Mittel zum Ausgleich des durch jene Eindrücke verursachten Reizes. Die Reflexbewegung des Lachens kann leicht zu einer Art von Krampf ausarten, dem Lachkrampf.
Lachen als „Waffe“
Komplementär zur Stärkung des Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühls innerhalb der eigenen Gruppe kann das Lachen auch gegenteilige Wirkung bei denen entfalten, die nicht zur Gruppe gehören. Diese können leicht zu denjenigen werden, über die und auf deren Kosten gelacht wird (zum Beispiel als Opfer von hämischem, geringschätzigem „Auslachen“). Das Lachen kann aus der Sicht des Verlachten in völliger Umkehr seiner heiteren Natur zu einer demütigenden, ehrverletzenden Waffe werden. Allerdings kann auch in derartigen Situationen das Lachen eine insgesamt positive Wirkung entfalten, sofern es gelingt, durch Lachen eine konfliktträchtige Situation zu entschärfen, ohne den Verlachten allzu sehr in seiner Ehre zu kränken.
Diese Wirkung geht auf einen wichtigen anarchischen Grundzug des Lachens zurück, der in der Infragestellung von Autoritäten aller Art beruht: Im Lachen wird jeder Anspruch auf Respekt und Ehrbezeugung grundsätzlich verneint. Personen und Institutionen, deren Status auf ebensolchen Ehrbezeigungen beruht, sind durch das Lachen daher prinzipiell bedroht und müssen im Interesse des eigenen Machterhalts danach streben, den Drang zur Heiterkeit in andere Kanäle und von sich weg zu leiten. Ein Beispiel für derartige Affektkanalisierungen ist die ritualisierte Verkehrung der Herrschaftsverhältnisse, die den historischen Kern vor allem der südeuropäischen (insbesondere italienischen) Karnevalsfeiern ausmacht und bewusst als Ritual geduldet wurde, um anschließend wieder in den normalen Alltag zurückkehren zu können. Das Motiv der Bekämpfung des Lachens durch Institutionen, die sich dadurch bedroht fühlen, erscheint auch in der Verfilmung von Umberto Ecos Roman Der Name der Rose, wo der Klosterbibliothekar lieber die Zerstörung der in seiner Bibliothek aufbewahrten Schätze in Kauf nimmt, als dass er die darin enthaltene einzig erhaltene Kopie der Komödientheorie des Aristoteles der kirchlichen Kontrolle entzogen wissen will.